Grauen, Chaos, Katastrophen: Manchmal bekommt man den Eindruck, die Welt geht unter, wenn eine Schreckensmeldung der nächsten folgt. Doch ist das wirklich die Realität?
Und auch die Menge der News kann ganz schön viel Druck auslösen. Wir müssen nicht mehr auf die frisch gedruckte Zeitung oder die Tagesschau um 20 Uhr warten. Wir können 24 Stunden am Tag nur Nachrichten konsumieren. Und selbst wenn wir das wirklich 24 Stunden am Tag machen würden, hätten wir immer noch nicht alles gelesen.
Hier sind vier Fragen für dich. Was ist deine Antwort?
1.Wie viel Prozent der erwachsenen Menschen können weltweit lesen und schreiben?
a) 80 %
b) 60 %
c) 40 %
2.Wie hat sich die Zahl der Toten durch Naturkatastrophen seit 1970 weltweit entwickelt?
a) Mehr als verdoppelt
b) ungefähr gleich geblieben
c) auf weniger als die Hälfte gesunken
3.Wie viel Prozent aller einjährigen Kinder auf der Welt sind gegen Masern geimpft?
a) 20 %
b) 50 %
c) 80 %
Die Antworten gibt es am Ende des Artikels.
Die Fragen stammen aus dem sogenannten Ignoranztest. Dieser wurden von Hans Rosling und seiner schwedischen Stiftung Gapminder entwickelt, die es sich zum Ziel gesetzt hat, eine faktenbasierte Weltsicht zu verbreiten. Sie ließen Menschen die aktuelle Lage der Welt einschätzen. Das Ergebnis war erschreckend. Der Großteil der Menschen schätzt die Entwicklung nicht nur schlechter ein, als sie tatsächlich ist, sondern liegt mit den Einschätzungen sogar noch schlechter als es bei Zufallsantworten der Fall wäre. Getreu dem Motto: Früher war alles besser, heute wird alles schlechter.
Ein verzerrtes Weltbild entsteht
Auch Maren Urner zeigt in ihrem Buch „Schluss mit dem täglichen Weltuntergang“ auf, dass die oben genannten Fragen durchweg negativer beantwortet werden, als es der Realität entspricht. Die Menschen schätzen die Situation also schlechter ein, als sie in Wirklichkeit ist.
Urner zeigt dafür unterschiedliche Gründe auf. Haben Journalist*innen die Wahl zwischen einem negativen und einem positiven Aufhänger, erachten sie die Story mit der negativen Aufmachung als wichtiger und sind geneigter diese zu veröffentlichen. News gelten dann als „nachrichtenwürdig“ wenn es um Kriege, Korruption, Skandale, Mord, Hungersnöte und Naturkatastrophen geht. Denn die wichtigste Ressource der Zeit ist unsere Aufmerksamkeit. Damit verdienen die Nachrichtenhäuser ihr Geld. Also muss die Schlagzeile catchy sein, langweilig kann jede*r. Dafür wird alles gegeben. Es wird kaum über Lösungsansätze oder positive Entwicklungen berichtet.
Folgen von negativen Nachrichten
Wenn wir ständig mit negativen Nachrichten bombardiert werden, hinterlässt das natürlich Spuren. Schlechte Laune und Ängste können chronisch werden. Menschen schätzen ihre eigenen Probleme deutlich schlimmer und größer ein, wenn sie vorher Nachrichten geschaut haben (zur Studie).
Wenn etwas Schlimmes passiert, sind die Menschen, die die Nachrichten darüber lesen gestresster, als die Menschen, die bei dem eigentlichen Ereignis dabei waren. Dies konnte unter anderem bei Studien zu den Anschlägen beim Boston-Marathon gezeigt werden.
Unsere Ansicht verschiebt sich. Wovor hast du mehr Angst – vor Terroranschlägen oder vor autofahrenden Senioren? Durch altersbedingte Autounfälle sterben viel mehr Menschen als durch Terroranschläge (Maren Urner, Schluss mit dem täglichen Weltuntergang).
„Dann lese ich halt keine Nachrichten mehr.“
Angesichts dessen ist es verständlich, dass Menschen sich dazu entscheiden keine Nachrichten mehr zu lesen. Ihre Argumente sind, dass sie von Nachrichten schlechte Laune bekommen, dass man eh nichts tun kann oder die Bilder einfach zu aufwühlend sind.
Verständlich. Aber ist das die Lösung?
Wir finden nein. Selbstverständlich sollte bei der Berichterstattung angesetzt werden. Doch den Journalismus können wir nicht sofort ändern. Aber unseren eigenen Nachrichtenkonsum schon.
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Tipps für deinen Nachrichtenkonsum
1.
Reflektiere, wo du Nachrichten liest.
Wer ist der Herausgeber? Welches Interesse steckt dahinter? Ein Ausgleich können Seiten mit guten Nachrichten wie zum Beispiel GoodNews sein. Auch die großen Nachrichtenseiten haben mittlerweile eigene Abteilungen für positive Nachrichten, z.B. auf zeit.online oder ZDF.
Falls dir vor allem die erschreckenden Bilder im Kopf hängen bleiben, konsumiere Nachrichten lieber als Podcast anstatt zu lesen.
2.
Schaue dir die Inhalte genau an.
Wird hier gerade nur ein Problem beschrieben oder wird hier auch lösungsorientiert in die Zukunft geschaut? Was genau ist der Zusammenhang? Welche Info fehlt dir vielleicht noch? Informiere dich lieber nur über ein Problem und verstehe das dafür wirklich. Löse dich vom dem Druck, dass du über alles informiert sein musst.
3.
Reflektiere, wie du dich nach bestimmten Beiträgen fühlst.
Schaffe nach dem Lesen von Nachrichten einen Ausgleich oder tausche dich mit anderen dazu aus.
4.
Reflektiere, wann du Nachrichten liest.
Richte dir ein bestimmtes Zeitfenster ein. Lege vorher die Dauer fest. Am besten nicht vor oder nach dem Schlafen. Scrolle nicht aus Langeweile durch den Feed.
Schaffe dir deine eigene Nachrichtenroutine
Schaffe dir also deine eigene Routine, die sich für dich gut anfühlt und dich aus der Fremdsteuerung der Nachrichten herausbringt. Auf diese Weise kannst du eine gesunde Balance finden, dich informieren, ohne überwältigt zu werden, und mehr Zeit für dich selbst schaffen. Es geht darum, die Macht über deine Medienkonsumgewohnheiten zurückzugewinnen und sie bewusst zu gestalten, anstatt dich von ihnen lenken zu lassen.
Richtige Antworten: 1. a , 2. c , 3. c