Unser Körper kann nicht unterscheiden, ob uns jemand von außen ablehnt, attackiert, beleidigt, oder ob wir selbst es sind, die uns schlecht behandeln. Die Reaktion ist in beiden Situationen genau die Gleiche: Es werden zahlreiche Stresshormone ausgeschüttet.
Der Mensch denkt pro Tag ungefähr 60.000 bis 80.000 Gedanken. Davon sind 3 % positiv, 24 % negativ und der Rest ist ohne besondere Wirkung. Wir haben also achtmal mehr negative Gedanken als positive.
Warum fokussieren wir uns auf das Negative?
Aus evolutionärer Sicht ist diese Tendenz sinnvoll, da negative Gedanken uns vor potenziellen Gefahren warnen und uns schützen sollen. Dennoch kann dies dazu führen, dass negative Gedanken einen größeren Einfluss auf unser Wohlbefinden haben, als positive Gedanken es tun.
Vielleicht erinnerst du dich noch an Klassenarbeiten in der Schulzeit. Da wurden mit rot die Fehler markiert. Und auch wenn es nur zwei, drei waren, lag auf ihnen plötzlich der ganze Fokus. Und der restliche Teil, der meist richtig war? Blieb außen vor. Das prägt sich natürlich ein und formt unsere Sichtweise auf Arbeitsergebnisse in einer Leistungsgesellschaft. Wir sind fokussiert auf Fehler und Defizite und sehen nicht, was gelungen ist und wofür wir dankbar sein könnten. Wenn wir ständig darüber nachdenken, was wir falsch gemacht haben oder was wir falsch machen könnten, dann steigert das nicht gerade unsere Leistungsfähigkeit.
Bist du optimistisch oder pessimistisch?
Schaust du dir dein Umfeld an, gibt es eher optimistische oder pessimistische Menschen. Wer zu welcher Gruppe gehört, ist natürlich kein Zufall. Es ist ein Zusammenspiel aus genetischer Veranlagung, frühkindlicher Prägung, Lebenserfahrung und den Einflüssen von Bezugspersonen wie unseren Eltern.
Unsere Gedanken bestimmen unser Handeln, unser Handeln steuert unser Verhalten und unser Verhalten gestaltet unser Leben. Unsere innere Einstellung beeinflusst also unser Handeln und Verhalten. Und deshalb ist es so wichtig, sich der eigenen Gedanken genau bewusst zu sein.
Der plappernde Papagei auf der Schulter
Wenn es uns mal nicht so gut geht, dann ist das ein gefundenes Fressen für negative Gedanken:
„Wie sehe ich denn schon wieder aus? Ich bin schon wieder nicht zum Sport gegangen. Warum habe ich so reagiert? Ich kann das alles nicht.“
Diese kritische Stimme ist so ziemlich das Schlimmste für das eigene Selbstwertgefühl. Wer kennt sie nicht? Wie ein kleiner Papagei, der uns auf der Schulter sitzt und vor sich hin erzählt. Das Ganze läuft automatisch ab.
Und wenn plötzlich alles toll ist?
Doch nicht nur negative Gedanken schaden uns. Auch das komplette Gegenteil ist schädlich. Toxische Positivität beschreibt Menschen, die nahezu zwanghaft immer das Positive suchen und dadurch negative Gedanken und Gefühle unterdrücken. Was auf den ersten Blick nach viel Positivität und Optimimus aussieht, ist aber leider gar nicht so erfreulich.
Negative Emotionen verstärken sich, wenn wir sie nicht zulassen und fühlen.
Die amerikanische Psychologin Laura Campbell-Sills fand in einer Studie heraus, dass sich negative Emotionen verstärken, wenn wir sie nicht zulassen und fühlen.
Denn wenn wir die Gefühle unterdrücken, stresst diese Abwehr unser ganzes körperliches System. Die Hormone Adrenalin und Cortisol werden ausgeschüttet. Das bringt uns zwar kurzfristig Energie, langfristig setzen die Stresshormone aber dem Körper zu und wirken sich negativ auf die physische Gesundheit aus. Also alles schön reden, bringt uns nicht voran. Abgesehen davon, ist es alles andere als ehrlich.
Die Realität werftrei annehmen
Sowohl toxische Positivität als auch negative Gedanken können belastend sein und das Wohlbefinden beeinträchtigen. Hier sind einige Techniken, die dir helfen damit umzugehen:
- Vorhandene Gedanken können nicht einfach durch das Einreden von anderen ersetzt werden. Vielmehr ist es wichtig, die negativen Gedanken wertfrei wahrzunehmen – sich ihnen bewusst zu sein. Mit etwas Übung und Zeit werden sie automatisch weniger – und es entsteht Platz für neue Gedanken.
- Frage dich selbst, ob deine negativen Gedanken wirklich rational und realistisch sind. Oft neigen wir dazu, Situationen zu überbewerten oder pessimistisch zu denken. Versuche, alternative Perspektiven einzunehmen.
- Es kann helfen die Gedanken aufzuschreiben, denn auch das trägt zur Bewusstwerdung bei. Schreibe über deine negativen Gedanken, aber auch über positive Erlebnisse und Dinge, für die du dankbar bist.
- Du kannst dir ein Bild oder Wort überlegen, dass du dir sagst oder ins Gedächtnis rufst, wenn die negativen Gedanken auftreten. Zum Beispiel kannst du laut „Tschüss“ sagen oder dir das Bild von Vögeln vorstellen. Denn du kannst nicht verhindern, dass die Gedanken wie Vögel durch die Luft fliegen, aber du kannst verhindern, dass sie ein Nest in deinem Kopf bauen. Lass sie in Gedanken weiterfliegen.
- Häufig steckt auch ein geringes Selbstbewusstsein hinter negativen Gedanken. Selbstbewusst zu leben heißt nichts anderes als Vertrauen in sich selbst zu haben. Sei also überzeugt von deinen Fähigkeiten.
Mit der Zeit gelingt es immer besser die Waage zwischen negativen Gedanken und toxischer Positivität zu halten, um einen gesunden Optimismus zu finden. Das Annehmen und wertfreie Beobachten des Moments helfen einen klaren Realitäts-Check der Situation herzustellen. Durch regelmäßige Achtsamkeitsübungen und Meditation klappt dieser Prozess immer leichter.